Samstag, 17. November 2012

Präzise


Dass Peter den über hundert Künstlern, die er in seiner Gesichter-Ausstellung zusammengebracht hat, damit ein beglückendes Gemeinschaftserlebnis verschafft hat, das sie sich nicht verdrießen lassen wollen, das war mir am Donnerstag schon klar, als ich durch die sich feiernde Menge ging und in einigen Gesprächen keinerlei Verständnis für meine Enttäuschung fand, in anderen Gesprächen hingegen plausible Erklärungen dafür, warum nichts von dem, was Peter sich versprochen hatte von seinem Experiment, passiert ist: er hatte erst chaotischer gehängt, aber dann meinte er auf einmal, ich brauche eine Ordnung, und hat dann so stur in Reih und Glied gehängt, wie es jetzt zu sehen ist, erzählte mir schließlich eine Frau Zitiermichnicht, die mit zwei Bildern an der Ausstellung teilnimmt und beim Hängen dabei war.

Das als Antwort auf eine Mail von Michel Carmantrand (*), in der er mich unter anderem belehrt, dass Kunst aus prinzipiellen Gründen immer enttäuschend ist (sie verspricht uns ein Paradies, zu dem sie gar nicht die Schlüssel in der Tasche hat), und am Ende ermahnt er mich noch, als Journalist meine Worte doch bitte moderater, präziser und vorsichtiger zu wählen. Worauf ich nur antworten kann, wie tief ins Gehirn geschissen muss jemandem sein, der solche gouvernantesken Ratschläge erteilt? Und was den Journalisten angeht, Michel Carmantrand, ich bin keiner. Ein Blogger bin ich. Radikal subjektiv ist mein Schreiben und deshalb eben gerade nicht vorsichtig oder moderat. Allerdings stets um Präzision bemüht: bei der Beschreibung meiner Eindrücke, meines Erlebens und - noch einmal - gerade deshalb das Gegenteil von vorsichtig oder moderat.

(*) Michel Carmantrand zeigt in der Ausstellung Renaissance der Gesichter die Arbeit Toto (Nr. 144, 3.600 Euro). Einen Überblick über sein Schaffen gibt es hier: michel carmantrand, paintings and papers.