Lump, sage ich lachend und dann sage ich es noch mal: Du Lump! – Weil es so ein schönes altes Wort ist und weil er mich reingelegt hat. Und sich selbst hat Peter gleich noch mit reingelegt, nachdem ich das Foto, das er mir geschickt hatte mit dem melodramatischen Begleittext, in den Blog gestellt habe, um ihm eine Freude zu machen, und weil ich so beeindruckt war vom Foto und der Frau auf dem Foto. Damit hatte er nicht gerechnet, dass ich das tue. – Aber bei mir muss er mit allem rechnen, sage ich zu ihm. – Da lacht er und könnte sagen, sagt es aber nicht, weil es ohnehin klar ist: Bei mir musst du auch mit allem rechnen. – Was ist passiert? – Heute Früh Mail von Peter, abgeschickt um 3.05 Uhr. Damit immerhin verifiziert seine Aussagen über seine Schlaflosigkeit: Regelmäßig um 3 Uhr wacht er auf und dann ist Schluss, erst am Tag kann er wieder schlafen; aber weil er am Tag geschlafen hat, wacht er in der folgenden Nacht wieder um 3 Uhr auf, und was soll er dann tun? Er liest zum Beispiel meinen Blog, liest Mutter, folgt dem Link darin zu Susanne, sieht das Foto und ist nicht gerührt und durchströmt von einem Gefühl der Dankbarkeit mir gegenüber, der ihm eine Freude machen wollte. Stattdessen schießt ihm das Blut in den Kopf und er denkt oder murmelt: Oh Scheiße! – So stelle ich mir das vor. Tatsache ist, dass er mir nun diese Mail schreibt: Wolfgang, tu mir einen Gefallen. / Lösche das Bild von Susanne wieder. / Es ist mir wichtig. / P. – Als ich das gegen 8 Uhr lese, denke ich: Hä?! und schreibe zurück: Warum? – Er schreibt darauf: ich möchte es nicht und das muß genügen. Bitte sofort. - Wie gut, dass ich seine Antwort erst später gelesen habe, nachdem wir telefoniert hatten. Denn sie hätte – völlig unnötig – den Krieger in mir mobilisiert. Doch zum Glück ist Peter sich nicht sicher, ob ich seine Mail so bald lese, wie er will, dass ich das Foto entferne. Deshalb ruft er mich gegen 9.30 Uhr an. Sein Anruf erst wie die Mail: Ich soll das Foto entfernen. Warum er das will, wird er mir irgendwann mal sagen. – Schon rege ich mich auf, aber nicht lange: Es ist sein Foto, er kann darüber verfügen, sage ich. Mir bleibt nichts anderes übrig, ich muss es entfernen, wenn er das will. Ich beuge mich sozusagen der Gewalt, seiner Verfügungsgewalt. - Ich werde laut. Ich übertreibe. Verfügungsgewalt! Ich weiß gar nicht, ob es das Wort gibt. Aber es wirkt. Mit Gewalt gegen mich will er nichts zu tun haben. Er legt ein umfassendes Geständnis ab: Das Foto ist nicht echt, sagt er. – Wie? – Das Foto ist eine Photoshop-Montage aus drei Fotos. Aus einem Foto seiner Mutter, als sie 18 war. Aus einem Foto von Susanne, als sie 21 war. Und aus einem Foto von A.; das ist eine Frau aus Hamburg, so eine Medientante, und da kann es sein, dass sie das Foto in meinem Nebenblog entdeckt und nicht amüsiert ist, wenn sie sieht, was er mit ihr gemacht hat, zum Beispiel mit ihren Haaren gemacht hat. Die Haare auf dem Foto, die sind nämlich von ihr. Die Haare, über die ich so gestaunt habe. Darüber gestaunt habe, dass Susanne eine solche aufwendige Frisur mit so einem akkuraten Scheitel hatte. Aber wenn das gar nicht Susanne ist auf dem Foto, die Haare von A. sind und wer weiß was noch von A., und die Mutter von Peter ist auch in dem Foto und nur Teile von Susannes Gesicht, ja dann Peter, dann ist das doch gar keine Frage. Ich nehme das Foto gleich raus aus dem Blog. Dann erzähle ich aber auch, wie es dazu gekommen ist – und was für ein Lump du bist. Ich lache über diese Wortwahl, sage noch mal Lump. Wir lachen zusammen und ich sage noch ein altes Wort: Lausbube. Da müssen wir noch mehr lachen. Spitzbube hätte ich auch noch sagen können; doch dieses alte Wort ist mir jetzt erst eingefallen. – Nach unserem Gespräch schreibt Peter eine weitere Mail, die schriftliche Fassung seines Geständnisses: Ich hab halt spielerisch versucht, mir meine Traumfrau zusammenzubasteln und später selber geglaubt, das wäre Susanne. Aber für die Öffentlichkeit taugt dieses Bild nicht, weil da Rechte verletzt werden. Im Anhang sind ein paar Bilder von Susanne, die nicht manipuliert sind. - Eines der authentischen Fotos von Susanne stelle ich in den Nebenblog. Und wenn es mir gelingt, Peter seine Zustimmung abzuhandeln, stelle ich auch das manipulierte Foto rein. Dass A. aus Hamburg dadurch ihre Persönlichkeitsrechte verletzt sieht, kann ich mir nicht vorstellen. Es ist doch auch gar nicht A., die auf dem Foto zu sehen ist. Es ist ein Foto von Peters Traumfrau.
Inzwischen habe ich mit Peter verhandelt. Ergebnis: Kein Verhandlungsspielraum. Es ist zu viel A. aus Hamburg in der Fotomontage. - Blöde Geschichte. Sowieso schon blöd. Und jetzt auch noch ohne Illustration, ohne die Anschauung des Fotos, um das es in der Geschichte geht.