Warten, bis es dunkel genug ist, um ins Bett gehen zu können. Blick zur Dachwohnung gegenüber. Kein Licht im Contessa-Zimmer. Kein Dachlukenlicht. Keine Reaktion auf das, was ich ihr geschrieben habe. – Ich schreibe ihr wieder auf Facebook. Schwerer Rückfall. Am Schluss: „Ich wünsche Dir eine schöne Vollmondnacht, Tess.“ Und dann noch: „Tut mir das nicht weh, wenn ich das hinschreibe? – Und wie mir das weh tut!“ – Wenig später lösche ich den Text wieder. Hat sie ihn vorher noch gelesen? Ist sie überhaupt da? – Die gesamte Fensterfront dunkel. Das hat nichts zu sagen. Sie wird mit ihrem Mann im hinteren Teil der Wohnung sein. - Was ist da? Küche (Wohnküche?). Bad. Schlafzimmer. Mehr ist da nicht. Fernsehen. Sie ist eine Fernsehmaus. Das habe ich mitgekriegt. Fernsehgerät in der Küche oder im Schlafzimmer. Ist heute nicht das mit dem Supermodel? – Oder sie sind ausgegangen an diesem vielversprechenden Abend. Theater, Kino, Konzert oder was sie sonst gerne macht, die Tess. Nicht immer nur daheim rumhängen in den abgewetzten Wohnungsklamotten. Vorstellung, dass er das gelesen hat, was ich über sie geschrieben habe: dass sie sich langweilt. Na klar hat er das gelesen. Sie liest es. Er liest es. Und es hat ihm zu denken gegeben. Jetzt gibt er sich Mühe, sorgt für Abwechslung und ihr gefällt das. Neues Lebensgefühl. Sie haben wieder Spaß miteinander. – Ich halte es nicht aus, dass ich ihm das auch noch beigebogen habe. Wenn ich sie nicht kriege, soll er wenigstens unglücklich sein mit ihr. - Ich habe ihn noch nie lachen gesehen. Doch, einmal hämisch, zu mir rüber feixen habe ich ihn gesehen. Vielleicht lacht er nur im hinteren Teil der Wohnung. Die Contessa habe ich auch noch nie lachen gesehen, fällt mir gerade ein. Vielleicht lacht sie auch nur im hinteren Teil der Wohnung. Vielleicht ist sowieso alles ganz anders als ich denke.